Zur Seuchenbekämpfung haben auch westeuropäische Staaten schon immer große Eingriffsbefugnisse. In Deutschland sind sie im Infektionsschutzgesetz (IfSG) geregelt, das 2001 das alte Bundesseuchengesetz ablöste.
Um eine Epidemie und ihr Ausmaß zu erkennen, gibt es Meldepflichten. Die behandelnden Ärzte müssen den Gesundheitsämtern mitteilen, wenn sie Fälle von Pest, Cholera, Masern und anderen übertragbaren Krankheiten feststellen (§ 6 und § 8). Bei neu auftretenden Viren kann die Liste der meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger per Verordnung schnell ergänzt werden (§ 15).
Bei Verdacht auf eine Erkrankung können Ermittlungen vorgenommen werden, um die Gefahr zu prüfen. Hierzu ist es Behörden erlaubt, die Wohnung zu betreten, Unterlagen zu kopieren und Proben zu nehmen (§ 16). Menschen, die infiziert sind beziehungsweise sein könnten, dürfen zu Untersuchungen aufs Gesundheitsamt vorgeladen werden. Sie müssen bei Bedarf Röntgenaufnahmen oder Blutentnahmen dulden (§ 25).
Um eine Ausbreitung von Krankheiten zu vermeiden, kann das Gesundheitsamt das öffentliche Leben einschränken. Dazu gehört das Verbot von Veranstaltungen sowie eine Schließung von Kindergärten und Schulen (§ 28). Die Behörden könnten außerdem eine Impflicht anordnen (§ 20). Allerdings gibt es gegen das Coronavirus noch keine passende Impfung.
Kranke und Verdachtsfälle können in Quarantäne genommen werden, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Konkret heißt dies, dass sie in einem Krankenhaus „abgesondert“ behandelt werden. Diese Maßnahme ist auch zwangsweise durchsetzbar. Um eine Flucht zu verhindern, können ihnen persönliche Gegenstände abgenommen werden. Die Behörden dürfen die Kommunikation der Betroffenen mit der Außenwelt mitlesen (§ 30). Als milderes Mittel können die Behörden gegen sie ein zeitweises Berufsverbot verhängen (§ 31).
Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, behauptete am Freitag, es gebe in Deutschland keine gesetzliche Grundlage für die Abriegelung ganzer Städte. Das ist nicht richtig. Zwar ist eine so massive Maßnahme im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Allerdings haben die Gesundheitsbehörden die Kompetenz, „alle notwendigen Maßnahmen“ zu treffen (§ 28). Die ausdrücklich aufgeführten Befugnisse sind nur Beispiele hierfür. Die Landesregierungen können zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten per Rechtsverordnung entsprechende Ge- und Verbote aussprechen (§ 17 und § 32).
Die Grundrechte gelten natürlich auch dann, wenn in Deutschland eine Epidemie wütet. Allerdings sieht das Grundgesetz vor, dass Grundrechte zur „Bekämpfung der Seuchengefahr“ eingeschränkt werden dürfen. Etwa in Form einer verordneten Quarantäne, die einen dazu verpflichtet, den vorgeschriebenen Aufenthaltsort nicht zu verlassen. Die gesetzlichen Regelungen sehen aber an vielen Stellen Beschränkungen zugunsten der Bürger vor. So dürfen die erhobenen Daten ausschließlich zur Seuchenbekämpfung genutzt werden (§ 16). Untersuchungen mit invasiven Eingriffen und solche unter Betäubung sind nur mit Zustimmung des Betroffenen möglich (§ 25). Eine zwangsweise Therapie ist verboten (§ 28).
Quellen: https://taz.de/Rechtslage-beim-Coronavirus/!5663975/
https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/
Aus arbeitsrechtlicher Sicht:
Ich muss in Quarantäne: Bekomme ich weiterhin mein Gehalt?
Das kommt darauf an: "Ist eine Person tatsächlich krank und wird krankgeschrieben, gelten die normalen Regeln für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall", erklärt Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV. Man bekomme dann sechs Wochen lang sein Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld. Wird eine Person hingegen nur vorsorglich unter Quarantäne gestellt, greift das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Das Nettogehalt kommt dann weiterhin vom Arbeitgeber. Dieser kann sich den Betrag aber später von der Behörde zurückholen, die die Quarantäne angeordnet hat. Sollte die Quarantäne länger als sechs Wochen dauern, besteht Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Krankengeldes, den der Arbeitnehmer beim zuständigen Gesundheitsamt geltend machen muss.
Quelle: https://www.handwerksblatt.de/unternehm ... u-beachten
Aus AG-Sicht:
Zunächst sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter darüber informieren, wie hoch das Risiko einer Infektion ist und wie sie sich vor dem Coronavirus schützen, empfiehlt Volker Görzel, Anwalt für Arbeitsrecht. Die aktuelle Risikobewertung und weitere Informationen zu Schutzmaßnahmen finden Arbeitgeber zum Beispiel auf der Informationsseite des Robert-Koch-Instituts.
Mit der reinen Information ist es allerdings nicht getan. „Was Arbeitgeber genau unternehmen müssen, ist zurzeit noch unklar, weil es für das, was wir momentan erleben, kein Beispiel gibt“, sagt Görzel. Es gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes (§ 4 Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG). Zudem hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht. Laut § 618 BGB muss er alles dafür tun, damit Angestellte ihre Arbeit gefahrlos erledigen können. „Der Arbeitgeber muss also Maßnahmen treffen, damit sich Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz anstecken. Dazu gehören auch Mundschutzmasken und Desinfektionsmittel vor allem in den sanitären Anlagen und an den Zugängen des Betriebes“, sagt Görzel.
Quelle: https://www.impulse.de/recht-steuern/re ... 83397.html
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Nachbesserungen beim Infektionsschutzgesetz
"Die SPD hat eine Einigung der Großen Koalition auf Nachbesserungen an der geplanten Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes bestätigt. Damit gebe es mehr Rechtssicherheit der Corona-Schutzmaßnahmen, erklärten die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, und der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner in Berlin.
Konkret soll ein neuer Paragraf 28a eingefügt werden, der "besondere Schutzmaßnahmen" gegen die Corona-Verbreitung regelt. Welche Schritte nötig sein könnten, soll darin einzeln aufgelistet werden - etwa Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote oder Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Genannt werden auch Untersagungen, Beschränkungen oder Schließungen von Geschäften und Veranstaltungen.
Für Rechtsverordnungen zu Beschränkungen soll eine allgemeine öffentliche Begründungspflicht eingeführt werden, um wesentliche Entscheidungsgründe transparent zu machen. Vorgesehen ist laut dem Entwurf zudem eine Pflicht zur Befristung. Das überarbeitete Infektionsschutzgesetz dürfte so auch die Befugnisse der Landesregierungen beschränken. Auch ist gesetzlich festgeschrieben, dass gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen von Corona-Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden müssen und insbesondere die soziale Isolation vermieden werden soll".
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/
Stand: 15.11.2020